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Johann Sebastian Bach
Suiten für Violoncello Solo

Nr. 1-6 (Mischa Maisky), DG 463 314-2 (2 CDs + CD-ROM)

Zum Beweis seiner eminenten technischen und tonlichen Begabung, seines individuellen Ausdrucksreichtums hätte Mischa Maisky dieser Bach-Aufnahmen nicht bedurft. Zu gut kennen wir ihn bereits. Hier aber müssen wir die Frage: "Wie macht er Bach?" ersetzen durch: "Was macht er aus Bach?" Maisky läßt keinen Stein auf dem anderen. Da die Musik straffreier Raum ist, kann man mit ihren Gesetzen ganz nach Gusto umgehen. Und der Gusto ändert sich bei Maisky in vollendet willkürlicher Weise von Moment zu Moment, was man besonders deutlich an den völlig beziehungslos zueinander gestalteten Wiederholungen hören kann. Oft genug macht er beim zweiten Mal das ungefähre Gegenteil. Die Phrasierung ist absoluter Beliebigkeit überstellt: Da wird der Höhepunkt der Phrase (nach weltmüdem Verdämmern) impressionistisch verwelkend ebenso entkräftet wie (nach äußerlich romantisch forciertem Drängen) die nächste Auflösung

– gegen die ihr innewohnende Tendenz – aufgedonnert wird. Die Tanzcharaktere werden mit anorganischem Dauer-Rubato zerrupft, die Artikulation wechselt ohne jeden Bezug zur Struktur, Maiskys "freier Umgang" mit dem Rhythmus scheut keine noch so absurden Entstellungen. Natürlich kann er auch melodische Veränderungen nicht unterlassen, und mit den Verzierungen treibt er ein wenig geschmackvolles Spiel. Fazit: Nicht ein Satz ist in seinem Charakter erfaßt, es ist völlig spannungslos und jeglicher Zusammenhang ist erfolgreich ausgehebelt.

Christoph Schlüren

Interpretation: niedrigste Bewertung
(Rezension für Neue MusikZeitung)