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Bach/Tovey/Simpson

Die Kunst der Fuge

Delmé Quartet Hyperion CDA 67138 (Vertrieb: Koch) Für alle, die sich an der esoterischen Manier stoßen, den mittendrin abreißenden Schluß des abschließenden 14. Contrapunctus aus Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge zum biographischen Rührstück zu verklären ("Entdeckung der Stille" oder ähnlicher Schwachsinn…), bietet sich hier eine fantastische Annäherung an das, was Bach als krönenden Schluß projektierte. Der bedeutende Musikwissenschaftler und Komponist Donald Francis Tovey (1875-1940) hat dieses Finale, wo sich die drei Themen mit dem Hauptthema des Zyklus vereinigen, phänomenal stilgerecht und mit der erforderlichen gezügelten Emphase zu Ende komponiert. Der große englische Komponist Robert Simpson (1921-97) hat nicht nur Toveys Tasteninstrument-Version in Partitur übertragen, sondern zwecks besserer Ausführbarkeit die gesamte Kunst der Fuge für Streichquartett von d-moll nach g-moll transponiert – ein Verfahren, wie es für Bach selbst üblich war und nur Tonart-Esoteriker stören dürfte.

Dem tonlich und technisch limitierten Delmé-Quartett gelingt eine ziemlich natürliche, dem polyphonen Fluss der Musik verpflichtete Darstellung, der spektakuläre Effekte so fremd sind wie die kurzatmige Künstlichkeit (die lähmende Crux der meisten neueren Aufnahmen!). Es sind zwar nicht alle wichtigen Themeneinsätze deutlich zu vernehmen, aber insgesamt wird mit Konzentration und Hingabe musiziert. Eine echte Trouvaille ist Robert Simpsons Begleittext.

Christoph Schlüren
Interpretation: JJJJJ
Repertoirewert: JJJJJ