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Jón Leifs

Orgelkonzert op. 7, Variazioni pastorale über ein Thema von Beethoven op. 8, Fine II für Vibraphon und Streicher op. 56, Dettifoss op. 57

Die dritte Folge von Jón Leifs’ Orchesterwerken bei BIS bringt zunächst Licht in die Entwicklung des Isländers zu kompositorischer Eigentümlichkeit. Im Zentrum des 1930 vollendeten Orgelkonzerts steht eine motivisch von Bachs c-moll-Vorbild angeregte, extrem chromatisierte Passacaglia in 30 Variationen. Der Satz ist sehr dissonant, oftmals von clusterartiger Wirkung, mit bombastischen Schroffheiten, gar mit gezackten Linienführungen und rhythmischem Querständigkeiten des reifen Jón Leifs. Die Variationen über das Thema des dritten Satzes aus Beethovens Streichtrio op. 8 frappieren in ihrer Mixtur aus klassisch-romantischer Variation, schrägem Humor (haarsträubende Imitationstechnik!), launiger Groteske und typischen Jón-Leifs-Elementen wie Organum-Quinten und kargen isländischen Tanztypen – eine seltsame Metamorphose, heikel zu spielen und vorzüglich dargeboten!

Das gilt auch für das innige Fine II, wo Sakaris Erstaufnahme (Chandos) beschämend widerlegt wird, und erst recht für das Hauptwerk Dettifoss (1964), diese monumentale Vertonung des Dialogs zwischen Dichter und gigantischem Wasserfall: vom luftig prickelnden Pianissimo bis zum leuchtenden Fortissimo ein archaisches Sinnenfest. Unter dem Chinesen En Shao klingt das Orchester besser denn je.
Christoph Schlüren
(Rezension für Klassik Heute)

Loftur Erlingsson (Bariton), Motettenchor der Hallgrímskirche, Iceland Symphony Orchestra, En Shao;

BIS 930
(56'/1998, 1999)