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Halvor Haug

Unergründliche Tonwelt
'Furuenes Sang' (Der Gesang der Tannen)
für Streichorchester (1987)

'Furuenes Sang', so Haug, "wurde geschrieben als Ausdruck der Verzweiflung, die ich empfand, als der wunderbare Tannenwald gegenüber von meinem Studio sterben mußte — weil es den Menschen an Respekt mangelt und an Bewußtsein für die existentielle Bedeutung der Wälder für das Leben auf der Erde. Mit anderen Worten: Es sind die im Sterben begriffenen Bäume, die den Gedanken hinter dem Werk bilden."

Zwei Hauptmotive sind es vor allem, mit denen 'Furuenes Sang' gebaut ist. Die Form ist quasi dreiteilig. Anfangs- und Schlußteil sind vom ersten Motiv geprägt, der mittlere Teil wird von dem zweiten Motiv dominiert. Das erste Motiv, unisono und fortissimo, leitet das Stück ein. Wie später in 'Insignia' wird die Entwicklung zweimal durch Generalpausen gruppiert, bevor eine Fortspinnung erfolgt. Über weite Strecken ist der Satz auf ein Minimum an vertikaler Dichte, auf Ein- oder Zweistimmigkeit reduziert. Immer wieder bricht eine bestimmte Entwicklung ab, auffallende Wendepunkte stellen sich ein, neue Ansätze sind die Folge:

plötzliche Unruhe, Poco allegro, plötzliche Beruhigung, alles spannungsfördernd. Nach einem Fortissimo-Tremolo erscheint erstmals das zweite Motiv, pizzicato in der zweiten Geige (mit der viertönigen Stammzelle ais-h-c-as), kommt dann grazioso in der ersten Geige wieder (es-f-fis-d) und durchwebt den ganzen Adagio molto-Teil im Folgenden. Unter einem hohen e-Tremolo wird das Tempo Con moto, und kurz darauf kommt das erste Motiv wieder, das auch melodische Basis des anschließenden Doloroso ist, wo es zu heftigen dynamischen Gegensätzen kommt, zur Gegenüberstellung von Fortissimo- und Piano-Phrasen, die in einem letzten Aufbäumen gipfeln. Der resignierende Schlußgesang wird zunächst noch leicht attackiert, dann der Solovioline überlassen, die alleinebleibt und über einen Triller auf cis in den fis-moll-Schlußklang überführt.

Christoph Schlüren, 1997

[Einführungstext zu Simax CD (Ersteinspielung)]