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Kein Vogelhändler

Kammermusik von
Heinz Tiessen und Eduard Erdmann

Wenn von der Musik des deutschen Expressionismus die Rede ist, so denkt fast jeder zuerst an Schönberg und seine Schule. Namen wie Tiessen, Eisler oder Erdmann, vor dem Dritten Reich führend in der deutschen Szene, wird da kaum einer nennen. Umso sensationeller ist, was nun vorliegt: Heinz Tiessens "Amselseptett" ist ein Über-Strauss-hinaus-Spiritoso, ein hochvirtuos-vielstimmig zwitscherndes Capriccio in drei Sätzen voll überbordend inspirierter Naturpoesie - nein, der war kein Vogelhändler! Das fünfsätzige Streichquartett op. 17 von Eduard Erdmann, der wie Sergiu Celibidache enger Schüler Tiessens war, ist einer der wesentlichsten und persönlichsten Beiträge zu dieser an Meisterwerken in unserem Jahrhundert nicht armen Gattung:

hochanspruchsvoll in Gehalt und Gestalt fordert es den Ausführenden - wie das Septett - das Letzte ab. Hanns Eislers frühe Suiten sind dagegen schon "leichte" Musik, aber äußerst gekonnt und geistreich: Ein phantastischer Selbstbedienungsladen für die skrupellosen Ideenplünderer heutigen Soundtrackgeschäfts.
Heinz Tiessen: Amselseptett, Eduard Erdmann: Streichquartett; Mitglieder des Rheinischen Bach-Collegiums; MDG/Helikon CD 5250645-2.
Hanns Eisler: Orchestersuiten Nr. 1-4, Kammersymphonie etc.; Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig, Max Pommer; Berlin Classics CD 0092282.

Christoph Schlüren
(Rezension für das Münchner Kulturmagazin 'Applaus')