Existenziell und elegant!Tristan Keuris Hauptwerk 'Laudi' ersteingespielt |
Tristan Keuris, der 1996 im Alter von nur 50 Jahren verstarb, war fraglos Hollands eminentester Komponist symphonischer Musik seit Matthijs Vermeulen. Gegen Ende seines Lebens fand er zu einer immer konziseren, alle klanglichen Unreinheiten hinter sich lassenden freien Tonalität, die der bezwingenden Geschlossenheit der Form, der Dichte und Klarheit der Aussage seiner Werke zugrundeliegt. "Laudi", Keuris 40-minütiges magnum opus, entstand 1992-93 auf Gedichte aus Gabriele DAnnunzios Zyklus "Alcyone" und nennt sich eine "Symphonie" für Mezzosopran, Bariton, zwei gemischte Chöre und Orchester mit obligatem Solo-Altsaxophon zu Recht, denn der Verlauf ist symphonisch, also primär musikalischen Direktiven folgend, die freilich mit den Stimmungen der Texte Hand in Hand gehen. Die Gesamtdramaturgie ergibt, vergleichbar Anders Eliassons "Dante Anarca", eine eigenwillige Mischform von Symphonie und Oratorium, die in beiden Gattungen bestehen kann. Keuris gelingen nicht nur hinreißende Momente, sondern das Ganze ist durchpulst von einer nicht abreißenden Energie und führt den Hörer von einer magischen Situation zur nächsten. Geradezu Dies-irae-Charakter trägt der zweite Satz, "Terra vale!", und das Finale "I pastori" transzendiert die Schwermut des Abschieds vom Sommer und findet zurück zu den Frühlingselementen des Beginns. Insgesamt eine "klassisch" anmutende Musik von größter
Noblesse und feinstem Schliff, die zum Glück auf entsprechend
hohem Niveau wiedergegeben wird. Das gilt auch für die Aufführung
von Keuris letztem vollendeten Werk, den sechs kurzen Orchesterpräludien
"Arcade", allesamt Fantasien über architektonische
Aspekte, deren heitere Melancholie (oder melancholische Heiterkeit)
unaufdringlich zu verzaubern vermögen. Man kann die Brillanz
der Orchestration bewundern, die souveräne Charakterisierungskunst,
mit der Keuris fast so etwas wie "persönliche Genres"
heraufbeschwört, oder die unerschöpflichen Möglichkeiten
freitonaler Spannungsverläufe, aber als Fundamentales wird
man eine schöpferische Stimme vernehmen, die sich aus tiefer
Notwendigkeit artikuliert und mit aller zu Gebote stehenden
Eleganz und natürlichen Musikalität Existenzielles
mitzuteilen hat. |