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Ferruccio Busoni

Indianische Fantasie, Sarabande et Cortège, Violinkonzert etc.

Egon Petri (Klavier), Joseph Szigeti (Violine), New York Orchestra, Dimitri Mitropoulos (live 1941)

Am 28. Dezember 1941 dirigierte Dimitri Mitropoulos in New York ein Konzert zu Ehren seines Lehrers Ferruccio Busoni, in welchem als Solisten der Busoni-Intimus Egon Petri und Joseph Szigeti, der das Violinkonzert einst unter Busonis Leitung gespielt hatte, teilnahmen. Dieses denkwürdige Zusammentreffen liegt jetzt (mit Ausnahme der abschließenden zwei Sätze aus der "Geharnischten Suite") erstmals auf Tonträger vor. Wer über teilweise massive Störgeräusche hinwegzuhören bereit ist und Busonis eklektizistische Feinsinnigkeit und ambitionierte Verwandlungskunst schätzt, der sollte unbedingt zugreifen. Das liegt zuallererst an Mitropoulos, der nicht nur Mozarts Idomeneo-Ouverture in Busonis plastizierender Bearbeitung mit unwiderstehlichem Feuer und beglückendem Stilgefühl erstehen läßt, sondern die selten – und nie gut! – zu hörenden Doktor-Faust-Studien "Sarabande et Cortège" unnachahmlich zum Leben erweckt. Hier kommt die ganze Vielbödigkeit, das Ineins von kapriziöser Melancholie und esoterischer Musikanterie, zum Tragen wie nirgends sonst, und man ahnt, warum Busoni sich gerade hier auf höchster Schaffenshöhe wähnte.

Die Indianische Fantasie mit dem sehr bewußten, etwas nüchternen Egon Petri am Klavier wirkt in der rhapsodischen Anlage erstaunlich geschlossen, und im Violinkonzert kann Szigeti zwar nicht an die überschießende Italianità von Adolf Busch (Music & Arts 861) heranreichen, spielt aber sehr mitreißend und sinnenklar. Nichts anderes ist von Mitropoulos’ Dirigat zu sagen, wobei es – wie fast immer bei dem griechischen Feuerkopf, dies die einzige Einschränkung – rhythmisch gelegentlich bedenklich wackelt. Ein Kurzinterview des späten Szigeti zu Busoni ist beigegeben. Wer Busoni kennen möchte, kommt um diese Dokumente nicht ’rum.

Christoph Schlüren

(Rezension für Neue MusikZeitung)

Music & Arts 1052 (Vertr. Musik-Welt)