< RARE MUSIC STARTSEITE

Weit mehr als nur Klangmagier

Stokowskis RCA-Stereo-Aufnahmen

Mitte der siebziger Jahre gemachte Aufnahmen von einem Dirigenten, der 1912 Musikdirektor des Philadelphia Orchestra wurde? Leopold Stokowski kam eigentlich von der Orgel her, und als er dirigentische Karriere machte, schuf er die berühmten Bach-Transkriptionen für großes Orchester, darunter die hier enthaltene Toccata und Fuge in d-moll, die Bachs Größe in postromantisch ausladender Sinnlichkeit einem breiten Publikum nahebrachten. Bach sozusagen als klanglicher Über-Bruckner. Stokowski war als Klangmagier fast ohnegleichen, was Werken wie den symphonischen Wagner-Auszügen (auf zwei CDs), der Zweiten Mahler oder Rimskij-Korssakows Scheherazade ungewohnten Glanz verschafft. Sein natürlich-erdverbundenes Musikantentum verleiht Dvorák oder der russischen Musik eine spontan mitreißende Qualität. Händel erklingt ungeheuer mächtig, fast massiv, die Symphonien von Beethoven und Brahms hingegen bezeugen eine recht glückliche Vereinigung von sachlicher Überschau und im hohen Alter immer noch lebenssprühendem Elan. Ein besonderes Juwel ist die Platte mit Anna Moffo, die mit dichtestem, sensitivem Ausdruck Canteloube, Villa-Lobos und Rachmaninows Vocalise singt. Packend erklingt Schostakowitschs 6. Symphonie, fulminant die

Auszüge aus Prokofjews Romeo und Julia, und eine hochkarätige Rarität mit gigantischem Trompetenarsenal ist die 3. Symphonie von Aram Khatschaturian. Höchste Empfehlung mit (erwartungsgemäß) ein paar sympathischen stilistischen Ausrutschern.
Stokowski Stereo Collectiom:
Werke von Bach, Händel, Beethoven (Eroica), Liszt, Wagner, Smetana, Brahms (4. Symphonie), Dvorák (9. Symphonie), Rimskij-Korssakow, Mahler (2. Symphonie), Rachmaninow, Enescu, Villa-Lobos, Prokofjew, Khatschaturian, Schostakowitsch, Menotti u.a.
14 CDs RCA/BMG 09026-68443-2.

Christoph Schlüren

(Rezension für das Münchner
Kulturmagazin 'Applaus')