Ohne UmschweifeDas Gesamtwerk des Holländers Leo Smit auf CD |
Der jüdische Holländer Leo Smit (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen, 1921 geborenen amerikanischen Pianisten und Komponisten, der Coplands Klaviermusik einspielte!) zählt trotz seines kurzen Lebens zu den bedeutendsten Tonsetzern seines Landes im letzten Jahrhundert. 1900 in Amsterdam geboren, wurde er am 27. April 1943 von den nationalsozialistischen Schergen zusammen mit seiner Frau nach Sobibor deportiert, wo beide drei Tage später den Tod fanden. Smits Musik ist unüberhörbar von französischen Vorbildern geprägt, außer von Debussy und Ravel vor allem von Albert Roussel und Darius Milhaud. Auch heute weniger bekannte Komponisten wie Ferroud oder Markevitch, die damals in fortschrittlichen französischen Kreisen hohes Ansehen genossen, haben auf ihn eingewirkt. Sein Schaffen ist im Roussel-nahen Esprit demjenigen von Pierre-Octave Ferroud oder Albert Huybrechts vergleichbar. Was die Besetzungen betrifft, finden sich erstaunliche Parallelen zu Debussy (Trio für Flöte, Bratsche und Harfe, 1926), Poulenc (Sextett für Klavier und Bläser, 1932), Strawinskij (Konzert für Klavier und Bläser, 1937) oder Roussel (Quintett für Flöte, Streichtrio und Harfe, 1928), und die dezent neobarocken Satzcharaktere in der 1926 entstandenen Suite für Klavier erinnern an Ravels 'Tombeau de Couperin'. Und doch ist Smit, zumal zum Ende seines Lebens hin, sein eigener Herr. Den tragisch umflorten, herb düsteren Ton, der sein Konzert für Bratsche und Streicher von 1940 prägt, sucht man anderswo vergebens. Er erreichte unangefochtene handwerkliche
Meisterschaft, auch hinsichtlich der stets lichten, klaren und leuchtenden
Orchestration. Die Musik zu 'Schemselnihar' von 1929 ist noch äußerst
schwärmerisch, in Farben schwelgend und die Faszination der
russischen Orchesterschule nicht leugnend. In der 1934-36 komponierten
Symphonie in C herrscht eine Konzentration und Zielstrebigkeit ohne
rhetorische Plattheiten, wie man sie zu jener Zeit selten findet
expressiv, gehaltvoll und relativ knapp in der Aussage. Zu
den Höhepunkten seines uvres zählen die fesselnde
und dem heiklen Instrument auf den Leib geschriebene Flötensonate
(1939-43), die auch in einer Orchestrierung Strietmans vorgestellt
wird, das von Roussels Modell angeregte Concertino für Cello
und Orchester (1937), ein querköpfig musikantisches Trio für
Klarinette, Bratsche und Klavier (1938) und ein durch die Ermordung
unvollendetes Streichquartett. Musik, die ohne Umschweife zur Sache
kommt. Die Wiedergaben sind auf überwiegend exzellentem Niveau.
Hier ist eine Fundgrube auszuheben, und zumal die Kammermusik dürfte
auch hierzulande für viele Musiker interessant sein. |