Carl Nielsen: Sinfonien Nr. 1 g-moll op. 7
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Weiß der Teufel, warum Carl Nielsen seine sechste und komplizierteste Sinfonie 'semplice' nannte. Und lange konnte man bislang fahnden, um eine einigermaßen adäquate Einspielung zu finden. Plötzlich gibt es eine streckenweise fulminante historische Stokowski-Aufnahme (BBC Legends), und nun überrascht Dänemarks führendes Orchester unter dem auf höchste Detailtreue bedachten Michael Schønwandt mit einer rundherum imponierenden, den kaleidoskopischen Reichtum der Partitur virtuos auskostenden Leistung. Gerade der meist zerfahren anmutende Kopfsatz gewinnt so eine weit geschlossenere Physiognomie als bisher. Schønwandts Truppe setzt damit einen neuen Maßstab, an dem künftige Einspielungen zu messen sein werden. Aufnahmetechnisch ist fast schon das Unmögliche möglich gemacht, und viele Einzelheiten, die hier gerade noch vernehmbar sind, können auch bei souveränster Ausbalancierung im Konzertsaal nicht hörbar gemacht werden. Das ist in der ersten Sinfonie nicht so verhext schwierig, aber hier merkt man doch, dass dieses Werk viel weniger eingehend geprobt wurde als die sechste. Auch gelingt es Schønwandt nicht, den enthusiastisch lebensbejahenden Charakter zu entfalten. Es fehlt an Mut, Schwung und Biß und ist daher nur eine sehr solide Aufführung, die im forte und fortissimo weit mehr Sorgfalt in der Phrasierung (eine bewußt kantable Haltung!) gefordert hätte. Die Topbewertung gilt nur für die Sechste! Christoph Schlüren (Rezension für Klassik Heute) Dacapo 8.224169, (68'2000) |