Interview mit PAUL ENGELIthaka hinter dem 'missing link' |
Der 1949 im tirolischen Reutte geborene, in München lebende österreichische
Komponist Paul Engel ist mehr als ein klassischer Außenseiter:
er ist ein konsequenter Aussteiger aus den Karrieremechanismen der
hießigen Kulturszene, ein Verweigerer modischer Bekenntnisgesten,
ein Freischaffender im eigentlichen Sinn, der 1987 sogar ohne jeden
finanziellen Rückhalt seinen Lehrauftrag an der Münchner
Musikhochschule niederlegte. Engels Wurzeln liegen im alltäglichen
Musikantentum als jüngster Sproß eines echten Musikerhauses:
die reisende "Engel-Familie" war zwischen 1948 und 1978
ein Begriff in der Musikwelt, und Paul Engel ist nicht nur ein vortrefflicher
Hackbrettspieler. Ab dem 15. Lebensjahr erhielt er privat und am
Innsbrucker Konservatorium Theorie-, Klavier-, Violin-, Flöten-
und Dirigierunterricht. 1968-73 studierte er an der Musikhochschule
in München Komposition bei Günter Bialas und Wilhelm Killmayer,
außerdem Dirigieren u. a. bei Jan Koetsier, und Klavier bei
Rosl Schmid und Volker Banfield. Als Komponist hat sich Engel, der
nie seine Ursprünge im praktischen Musizieren verleugnete und
an allzu theoretischen Ansätzen immer nur vorübergehendes
Interesse fand, allmählich vom ästhetischen Konsens der
von der Kriegserfahrung resignativ und bekennerisch geprägten
Bialas-Schule emanzipiert. Er strebt nach einer 'absoluten Musik',
die sich nicht von den alltäglichen Seinsbedingungen loszulösen
sucht, aber auch nicht mehr ausdrücken möchte als das,
was in der Macht der Klangbeziehungen steht, die sich nicht um Ideologien
kümmert: Eine 'natürliche Musik' könnte man es nennen,
oder, wie vor einigen Jahren der Kollege Bose, "grüne
Musik" - warum nicht? Viele von Engels Werken wurden in München
uraufgeführt , so die abendfüllende Symphonische Musik
"Begegnung" (1987), wo er selbst die Münchner Philharmoniker
leitete, die Mozart-Hommage "An Jupiter" (1991) mit dem
Staatsorchester unter Wolfgang Sawallisch, 1994 die Oper "Daniel"
am Gärtnerplatz und "Der blaue Stein" im Biennale-Programm,
im Dezember letzten Jahres die Bläsermusik "Messanza II"
und in diesem Jahr zum 'Aschermittwoch der Künstler' im Herkulessaal
das "Te Deum", auf das nun die "EOS"-Gesänge
folgen. "EOS" ist ein Aussteigerstück. Für mich ist das Leben etwas
anderes als was die meisten Leute darunter verstehen. Ich möchte
in dem, der meine Musik hört, nichts hinterlassen - auch nicht
unbewußt -, was zerstörerisch wirkt. Deswegen sind auch
die Sperrklänge wie Tritonus, kleine None, große Septim
bei mir kein übergeordnetes Prinzip. Interview: Christoph Schlüren Das Interview wurde geführt anläßlich des folgenden
Konzerttermins: CD-TipRepräsentativen Eindruck vom 'unvorbelasteten Komponieren' Paul Engels verschafft die Musik für zwölf Waldhörner "Lichtspiele I", ausgezeichnet eingespielt von Hornisten der Münchner Musikhochschule innerhalb einer "Born for Horn" betitelten Zusammenstellung (Koch...CD...). Vorteilhafter kann man für eine solche Besetzung kaum schreiben: rund, farbenprächtig, transparent, überraschend abwechslungsreich und - bei aller Leichtigkeit - mit tonal bezwingender Dramaturgie. Die Melodik tendiert zu pentatonischen Inseln. Keine Frage: Es ist höchste Zeit für eine Paul Engel-Portrait-CD. (veröffentlicht im Münchner Kulturmagazin 'Applaus') |