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Joly Braga Santos Symphonien Nr. 1 und 5

Portugiesisches Symphonieorchester Lissabon, Álvaro Cassuto

Marco Polo 8.223879/Vertrieb: Naxos
Durch eine Decca-Einspielung seiner 1966 komponierten Fünften Symphonie erregte der Portugiese Joly Braga Santos (1924-88) einst einiges Aufsehen. Gekoppelt mit der Ersten ist das Werk nun wieder zu hören und vermittelt den Eindruck einer für jene Zeit erstaunlichen Reibung zwischen schwärmischer Tonalität und experimentellen Strukturen, an deren Ende ein absurd bombastisches F-Dur aufscheint. Gegenüber den melancholisch gestimmten Aufwallungen des Largamente-Kopfsatzes verbreitet das eigentliche Largo eine luxuriös flimmernde Atmosphäre zwischen Schläfrigkeit und Leidenschaft, wie eine kunstvolle Verbrämung südländischer Klischees. Verblüffend ist, wie Braga Santos in der Imitation elektronischer Klänge durch orchestrale Kombinationen und deren Einbindung in "spätromantische" Emphase auffällige Parallelen zu Penderecki aufweist. Der kurze zweite Satz ist eine hochoriginelle "Zavala" – orchestrales Echo von Marimba-Folklore aus Mozambique, wo 2 Vibraphone, 2 Harfen, Cembalo und Klavier den schwankenden Grund für allerlei quasi-improvisatorische Soli liefern.

Das Finale wirkt in seiner Ambivalenz zwischen sprühendem Kehraus und zusammenfassendem Bestreben am wenigsten überzeugend. In der Ersten Symphonie, die 1947 vor den Studien in Mitteleuropa bei Scherchen, Mortari etc. entstand, ist der traditionell "spätromantische" Tonfall ungebrochen formuliert, der wehmütige Charakter der Melodien wird durch vitale Rhythmik ausgeglichen. Das ist sehr simpel geformte, unmittelbar eingängige und plakative Musik, die ihre Vorbilder (italienische Oper und russisch geprägte Mainstream-Symphonik) nicht verleugnet.

Christoph Schlüren

(Rezension für Music Manual)