Leif Ove Andsnes, Klavier"The long, long winter night"Klavierwerke von Edvard Grieg, Geirr Tveitt, David Monrad Johansen, Fartein Valen, Harald Sæverud |
Ein sehr eindrückliches musikalisches Portrait seiner norwegischen Heimat hat Leif Ove Andsnes eingespielt. Neun Stücke aus seinen Volksweisen und Bauerntänzen zeigen Edvard Grieg mit seiner von der romantischen Tradition entferntesten Physiognomie, mit für seine Zeit heftigen Dissonanzen. Griegs Erkundung der norwegischen Volksmusik setzte Geirr Tveitt (1908-81) fort, dessen vorzüglich pianistisch gesetzte Charakterstücke (aus den Hardanger-Volksweisen op. 150) sich in ihrer tonalen Schlichtheit unmittelbar einprägen. David Monrad Johansen (1888-1974) schuf mit den 4 Nordlandbildern op. 5 eine suggestiv-humorvolle Folge impressionistischer Miniaturen, für den Pianisten sehr dankbar, für den Hörer von geradezu gegenständlicher Attraktion. Das formal anspruchsvollste Stück sind die 1935 komponierten Variationen von Fartein Valen (1887-1952): in der Grundhaltung lyrisch-introvertierte, freie Zwölftönigkeit, sind die Steigerung und finale Abrundung von einer Präzision der motivischen Arbeit getragen, die den persönlichen Ausdruck in den Hintergrund treten läßt. Die fesselndste Komponistenpersönlichkeit Norwegens seit Grieg
war Harald Sæverud (1897-1992), dessen 9 Symphonien und 3
Streichquartette nationale Gattungshöhepunkte von internationaler
Signifikanz sind. Er schrieb zahlreiche kleine Charakterstücke
für Klavier, allesamt von meisterlicher, inspirierter Faktur
und unverkennbarem Eigenton. Es ist nicht völlig abwegig, Sæverud
als "nordischen Bartók" zu bezeichnen. Unter den
fünf hier vertretenen Stücken ist "Kjempeviseslåtten"
(Ballade vom Aufstand) dasjenige, dessen mitreißendes Ostinato-Thema
sich schon mit dem ersten Hören unauslöschlich einprägt
und mit jedem weiteren Hören noch gewinnt. Musik von herber,
kraftvoller Eigenart, die man kennen sollte! Andsnes spielt etwas
raffinierter, aber weniger strukturbewußt als Einar Røttingen
auf seiner herrlichen Sæverud-Gesamtaufnahme Christoph Schlüren (Rezension für Music Manual) EMI 556541-2 |