Dem Genie gerechtRobert Volkmanns Serenaden und Cellokonzert |
Warum Robert Volkmann, noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts einer der populärsten deutschen Romantiker, seit langem fast gänzlich vergessen ist, bleibt ein Rätsel. Gerade in den kleinen Formen war er einer der originellsten und konsistentesten Meister im zeitlich-stilistischen Umfeld von Schumann und Mendelssohn. Der 1815 in Sachsen geborene Wahlungar starb im gleichen Jahr wie Richard Wagner, und mit seinen musikantisch feinen, lyrisch intimen drei Streicherserenaden schien er sich einen unumstößlichen Rang in der Orchestermusik erobert zu haben. Auch die eindrucksvolle d-moll-Symphonie, die Klaviertrios und Streichquartette sowie seine Klaviermusik (zumal die zu vier Händen) waren den Musikliebhabern geläufig. Seine Musik ist melodisch eingängig, unmittelbar zugänglich, dabei niemals oberflächlich oder gar seicht, die Harmonik eigentümlich, der Kontrapunkt flüssig und voller Leben, das Rhythmische sehr animierend. Auch das Pathetische wird nie selbstzweckhafte Phrasendrescherei. Volkmanns Handschrift ist für den Kenner unverwechselbar. Freilich musste man bis zuletzt einen katastrophalen Mangel zugeben: Von keinem der orchestralen Werke gab es auch nur eine Einspielung, die einigermaßen zufriedenstellend gewesen wäre, von 'Referenzstatus' konnte nirgends die Rede sein. Mit Max Pommers Hamburger Aufnahmen hat sich das Bild geändert. Endlich klingt Volkmanns Musik so lebendig, durchartikuliert, spannungsvoll, spezifisch im Charakter erfasst, dass man das geniale, eigentümliche Wesen dieses Meisters der kleinen Formen uneingeschränkt erleben kann. Zusätzlicher
Glücksfall ist die Darbietung des Cellokonzerts mit der ausdrucksvoll
begabten Israelin Hilá Karni in der Fassung des großen
Cellisten Enrico Mainardi (eine Wiederherstellung des Originals
wäre dringende Aufgabe der Musikwissenschaft!), der diesem
Konzert noch vor einem halben Jahrhundert begeisterte Hörer
verschaffte. Hiermit also liegt endlich ein Dokument vor, das der
Bedeutung Robert Volkmanns rundherum gerecht wird und hoffentlich
hilft, seine Musik wieder für unser Konzertleben attraktiv
zu machen. Christoph Schlüren (Rezension für Neue MusikZeitung) |