Bulgarische SeeleOrchesterwerke von Pantcho Vladigerov |
Unter Landsleuten und Kennern ist Pantcho Vladigerov (1899-1978) bekannt als der bulgarische Nationalkomponist, dessen Schaffen für sein Volk eine ähnliche Bedeutung hat wie dasjenige Enescus für Rumänien, Skalkottas für Griechenland oder Kodálys für Ungarn. Zweifellos verschuf er auf hymnische und ergreifende Art den Bulgaren eine symphonisch-musikalische Identität, und die Vardar-Rhapsodie, 1922 in der ursprünglichen Fassung für Geige und Klavier komponiert, ist das populärste Orchesterwerk des Landes. Die Orchesterfassung entstand 1928 (es gibt weitere Versionen, und auf bisher keiner Vladigerov-CD, egal welcher Besetzung, fehlt dieser Reißer!), und der 5/8-Takt des langsamen Teils ist mit seinem zum Mitsingen einladenden Pathos ebenso unverkennbar folkloristisch wie der an russischer Orchestration effektvoll geschulte Tarantella-Gegensatz. Vladigerov, der als fantastischer Pianist im Vorkriegs-Berlin viele Plattenaufnahmen machte, komponierte ohne jegliche Angst vor Gefälligkeit oder Gefühlsduselei. Das Triviale ist nie fern, doch ist es nicht nur gut gemacht, sondern stets mit musikantischem Feuer und erzählerischer Freude. So wirkt auch ein größeres Werk wie das beliebte 3. Klavierkonzert quicklebendig, auch wenn die Substanz gelegentlich sehr dünn ist. Ähnliches gilt für die zigeunerisch inspirierte Cello-Konzertrhapsodie. Wie ein verspäteter Balkan-Ableger der Nußknacker-Suite kommt das putzige, 1943 komponierte Divertimento für Kammerorchester daher, mit
orientalischem Marsch, Liebkosung, Karnevalsprozession, Romanze
und Cakewalk bei Vladigerov überlagerten sich zwanglos
heimatliche Folklore, schwelgerische Nachromantik und amerikanisch
angehauchte Light Music zu improvisatorisch gewebten Formen. Mit
Enescu oder Skalkottas dürfte ihn kaum einer im Ernst vergleichen,
doch hat er auf naiv erfrischende Weise einen reizvollen eigenen
Beitrag zur Vielfalt europäischer Musik geleistet, den man
kennen sollte. Die Klangqualität der nicht datierten, recht
fesselnden Aufführungen unter seinem Sohn Alexander Vladigerov
ist sehr historisch, im Fortissimo wurde die Dynamik drastisch unterdrückt. Christoph Schlüren (Rezension für Neue MusikZeitung) |