Franz SchrekerDer Geburtstag der Infantin,
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Das kleine Berliner Label Edition Abseits schreibt Wiener Musikgeschichte. Zwei wichtige Tanzdramen aus der Zeit des Umbruchs von der Romantik zur Moderne werden in Ersteinspielung vorgestellt. Franz Schrekers "Der Geburtstag der Infantin" nach Oscar Wilde ist in der verkürzten und aufwendig umorchestrierten Suitenfassung für großes Orchester bekanntgeworden. Die ursprüngliche Fassung für kleines Orchester erstellte Schreker für die Schwestern Wiesenthal. Die Uraufführung stand im Zentrum der (Gesamt-) Kunstschau der Klimt-Gruppe im Sommer 1908. Später strich Schreker ein Intermezzo und den gesamten tragischen Schlußteil (Spiegelszene und Ende des Zwergs) heraus. Hört man diesen Schluß, so ist man überrascht, denn er gehört zu Schrekers ergreifendsten Leistungen. Schrekers Tanz-Pantomime weist einen silberhellen Weg aus der Überfrachtung des Jugendstils. Der Wiener Ernst Toch (1887-1964) genoß nach dem 2. Weltkrieg in den USA hohes Ansehen und erhielt für seine dritte Symphonie den Pulitzer-Preis. Trotzdem spielte man seine Werke seit seiner Emigration selten. Nicht so 1923, als er die Tanz-Suite
op. 30 komponierte. Der aller romantischen Verbrämung abholde,
elegante, etwas kühle und betont rhythmische, freitonale Stil
des jungen Toch wirkt heute noch frisch. Die grelle Farce des "Roten
Wirbeltanzes" und die fahlen Ostinati in den ruhigen Tänzen,
die das Grauen und das Schweigen beschreiben sollen, strahlen nach
wie vor eine fremdartige Faszination aus. Die Berliner Kammersymphonie
unter ihrem jungen Gründer und Leiter Jürgen Bruns agiert
sehr aufmerksam und flexibel, besticht mit tänzerischem Rhythmus,
Transparenz, Sauberkeit und weitem dynamischen Spektrum, was von
der Tontechnik vorzüglich eingefangen wurde. Schrekers "Tanz
in blauen Sandalen über das Korn" (Allegro moderato!)
allerdings ist zur Hetzjagd mutiert. Ein Musterfall an erhellender
Information ist der umfang- und kenntnisreiche Begleittext von Frank
Harders-Wuthenow. |