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Piers Hellawell
Sound Carvings Nr. 1-3

Truth or Consequences, Memorial Cairns

Die europäische Tradition linear entwickelnder Formen ist ihm zu einseitig, der Serialismus zu strikt und beengend, der Minimalismus zu stumpf. Also begann der 1956 geborene Nordire Piers Hellawell, sein Heil in der "Weltmusik" zu suchen, in den ursprünglichen Musikkulturen. Was er fand, führte ihn zu höchst originellen Stilkreuzungen und -verschmelzungen, die in ihrer feinnervigen Eigentümlichkeit qualitativ all dem, was sich modisch "Crossover" nennt, turmhoch überlegen sind. Was er brauchte, fand er nicht nur in balinesischer Gamelanmusik und bulgarischer Folklore, sondern auch in nächster Nähe: in der ornamentalen Tradition der irischen Volksmusik. Seine Klangsprache verdankt diesen Einflüssen eine Gleichzeitigkeit von ständiger Variation und Unveränderlichkeit, die das Interesse ständig wachhält und zugleich eine Art Trancezustand anstrebt. Hellawells Instrumentarium erstreckt sich von der Einbeziehung exotisch wirkender Schlagzeug- und Glissandoeffekte bis hin zum herkömmlichen Streichorchester in den "Memorial Cairns", deren gezackt unruhiges Figurenwerk in meditative Askese umschlägt.

Die Entwicklung von der ersten Stufe stilistischer Befreiung in den "Sound Carvings from Rano Raraku" (1988) über die bizarre Intimität der "Sound Carvings from the Ice Wall" (1994) zum schwerelos tänzerischen Drive, zur allen Konventionen enteilten Eleganz der "Sound Carvings from the Water’s Edge" (1996) ist für den Hörer leicht zu verfolgen. Und wieviel Esprit und Humor steckt in der mühevollen Selbstfindung! Hellawell geht den Weg des fortwährenden, unprätentiösen Abenteuers. Dieser Weg ist jedem Hörer zugänglich, und seine Musik, die den konzentrierten Zuhörer in ihren rhythmisch komplizierten Details ebenso fordert wie sie sich als unaufdringlicher Background eignet, hat zweifellos Kultqualitäten erster Güte. Von Piers Hellawell wird man noch viel hören. Die Aufführenden meistern die heiklen Partituren souverän. Das durchsichtige, natürliche Klangbild ist vorbildlich, die Bookletinformation erschöpfend.
Christoph Schlüren
(Rezension für Music Manual)

Psappha, BT Scottish Ensemble

Metronome 1029