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Ida Haendel spielt Edward Elgar

Violinkonzert h-moll op. 61; J. S. Bach: Chaconne d-moll für Violine Solo
London Philharmonic Orchestra, Adrian Boult

Testament SBT-1146 (Vertrieb: Note 1)
Edward Elgars 1910 uraufgeführtes Violinkonzert in h-moll, das die gleiche Opuszahl wie das Beethovensche trägt, ist neben den Konzerten von Max Reger und Alfredo Casella eines der gigantischen Repertoiremonster, die trotz aller aufgebotenen Meisterschaft fast immer viel zu lang und aufgeblasen wirken. Beim Elgar-Konzert gibt es Ausnahmen wie die Aufnahme des 16jährigen Yehudi Menuhin mit dem Komponisten am Pult oder den BBC-Livemitschnitt Ida Haendels mit John Pritchard von 1986. Nun hat Testament die legendäre EMI-Studioaufnahme von 1977/78 erstmals auf CD herausgebracht, wo der greise Elgarianer Adrian Boult Ida Haendel begleitete. Beweist Boult schon fesselnde Grandeur bei der Umsetzung der wehmütig-überschwenglich romantischen Partitur, so gerät man jedesmal mit dem Eintritt der Solistin in den Sog jener unausschöpflichen Energie und weitschauenden Noblesse, die aus diesem affektüberladenen Koloß ein beflügeltes Wesen aus Klang werden lassen.

So mitreißend und breit in den Tempi (55 Minuten) hat sonst keiner Elgars Konzert gespielt, und sogar der sonst episodisch geflickt scheinende Schlußsatz wirkt keineswegs zu lang. Am ergreifendsten ist die berühmte Cadenza accompagnata, wo die Solistin die Gestaltung ganz übernimmt und sich, wie auch sonst oft, dabei alle Zeit der Welt nimmt. Für den Hörer vergeht die Zeit im Fluge. Als Zugabe kommt der eigentliche Höhepunkt: die d-moll-Chaconne aus Ida Haendels phänomenaler Gesamtaufnahme der Partiten und Sonaten für Violine Solo von Johann Sebastian Bach (1995, Testament-2090).

Christoph Schlüren

Interpretation: höchste Bewertung

(Rezension für Music Manual)